Führen über mehrere Generationen – kein Problem?

Als ich Anfang der 80er die Uni verließ, war mir klar, ich wollte möglichst schnell in den Beruf einsteigen. Es war mir auch klar, dass mein beruflicher Erfolg ab diesem Moment an erster Stelle für mich stehen würde und dies bedeuten kann, fern der Heimat lange Stunden zu arbeiten.

So dachte damals nicht nur ich, es war die Einstellung einer ganzen Generation. Es war die Zeit fester Hierarchien und Karrierewege, in der Führung klar top-down definiert war. Heute – Generation Z? Die um die Jahrtausendwende Geborenen? Sie wollen einen sicheren Job, den sie als sinnvoll empfinden und parallel genug Zeit für das übrige Leben. Sie suchen den Dialog und folgen nicht einfach gemachten Vorgaben. Sie brennen für ihre Themen, gehen aber nicht den klassischen Karriereweg.

Die Unterschiede zwischen den Babyboomern, Gen X, Y, Z sind inzwischen Gegenstand vieler Studien. Nachzulesen nicht nur bei McKinsey oder in Brandeins. Unternehmen suchen nach Aufklärung, um in Zeiten von Fachkräftemangel die unterschiedlichen Erwartungshaltungen der Generationen zu verstehen. Einst gute Argumente wie Gehalt und Unternehmensreputation überzeugen schon lange nicht mehr im Kampf um Talente. Eltern aus der Zeit der Babyboomer sind gelegentlich verzweifelt, weil ihre Kinder nicht mehr dem für eine Karriere relevant erachteten Wertemodell folgen.

30 Jahre Altersdifferenz: in Teams eine Herausforderung für Führung
Noch vor 15 Jahren war Altersdifferenz über mehrere Generationen ein eher nachgelagertes Problem. Strukturen waren fest gefügt. In Zeiten, in denen manche Unternehmen ganze Hierarchieebenen streichen, in denen Karrierestufen durchlässig werden, in denen andere Kompetenzen Relevanz erhalten, braucht es einen neuen Blick auf Führung, wenn sie wirksam bleiben soll!

Klassische Konstellation: Die Führungskraft gehört zur Generation der Babyboomer
Diese Führungskraft hat sich ihren Weg durch die Organisation erarbeitet, hat private Interessen, vielleicht sogar die Familie für die Absicherung der Karriere zurückgestellt. Sie ist in einem klar definierten Personalentwicklungssystem groß geworden. Bei guter Leistung folgte Beförderung zum Abteilungsleiter, später zum Bereichsleiter, dann Geschäftsführung oder Vorstand.

In diesem System sind Status und ein hoher Anspruch an den eigenen Gestaltungsrahmen wichtig, ein traditionelles Wertemodell prägend. Geführt wird zumeist mit klar definierten Zielen und Kontrollschritten. Die Führungsebenen verfügen über Monopolwissen. Oft treffen wir hier auf Führungskräfte, die aufgrund ihrer charismatischen Ausstrahlung Menschen in ihren Bann ziehen, sich viel mit sich selbst beschäftigen und den Sichtweisen anderer wenig Beachtung schenken.

Neoklassische Konstellation: Die Führungskraft gehört zur Generation Y, vielleicht auch Z
Diese Führungskräfte haben sich ihre Position nicht über Jahre erarbeitet, sondern sie sind in einer Zeit, in der die Digitalisierung Unternehmen zwingt, neue Wege zu gehen, ausgewählt worden. Sie sollen in einem hierarchischen System den entscheidenden Unterschied machen. Sie nehmen oftmals die Rolle von Hoffnungsträgern ein, die alte Konstellationen mit frischen Ideen, Energie und einem unverbogenen Blick aufbrechen können, um einen Kulturwandel einzuleiten.

Diese jungen Generationen von Führungskräften sind vom eigenen Anspruch an ihr Themenfeld getrieben. Sie suchen nach Sinn in ihrer Tätigkeit und um diesen zu erfüllen, sind sie offen für eine Vielzahl von Sichtweisen, ungewöhnliche Perspektiven und Herangehensweisen. Sie stellen nicht sich selbst und ihren Status und Anspruch in den Mittelpunkt, sondern fördern und fordern als Führungskräfte eigenständiges, kritisches Denken bei ihren Mitarbeitern.

Verantwortung als Führungskraft in einem Mehr-Generationen-Team: Chancen und Impulse mutig nutzen
Egal, ob ich dabei als Führungskraft zu den Babyboomern oder zur Generation Y zähle: Ich habe die Verantwortung, mich mit den Werten, Vorstellungen und Kompetenzen der unterschiedlichen Generationen in meinem Team eingehend zu beschäftigen! Die gesamte Spanne könnte in meinem Team vertreten sein und gerade aufgrund der Unterschiede wertvolle Chancen und Impulse für den Wandel mit sich bringen! Deshalb:

  1. Die Unterschiede in den Generationen erkennen, ernst nehmen, sich mutig damit auseinandersetzen und lernen.
  2. Gehen Sie offen ins Gespräch. Verstehen Sie, was die Einzelnen umtreibt. So fällt es leichter, die eigenen Voreingenommenheiten zu erkennen und zu hinterfragen.
  3. Schaffen Sie in Ihrem Team Vertrauen und Offenheit. Sprechen Sie über Sorgen und Risiken und entwerfen Sie gemeinsam Szenarien für die wirksame Zusammenarbeit.
  4. Während sich die Babyboomer in der digitalen Welt auf das Abenteuer einlassen müssen, sich neu zu erfinden, müssen sich die Y-ler oder Z-ler auf das Abenteuer einlassen, die Ängste der Älteren vor dem Wandel ernst zu nehmen und dafür ein Umfeld von Ehrlichkeit und Orientierung schaffen.