Raus aus der Komfortzone – neue Energie in der Mid-Career-Crisis „Alles muss sich ändern, damit alles bleibt, wie es ist.“

Vor einiger Zeit erreichte mich auf einer sehr persönlichen Grußkarte dieses bekannte Zitat von Giuseppe Tomasi di Lampedusa. Es stammt aus dem 19. Jahrhundert und beschreibt die Haltung eines jungen Adeligen mit Blick auf notwendige gesellschaftliche Veränderungen im damals zutiefst verhärteten Italien, um den nahenden Untergang zu verhindern. Heute wird es gerne als aufbauender Leitsatz für Transformationen in Unternehmen verwendet.
Doch wie viel mehr steckt in diesem Satz ganz persönlich für jeden Einzelnen von uns?

Perspektivwechsel

Der rote Teppich ist ausgerollt. An den entscheidenden Stellen gibt es bereits Zustimmung und eine wohlwollende Erwartungshaltung. Doch dann kommt das klare Nein: „Ich will nicht Vorstand werden“. Freiwillig auf den Karrieresprung zum Vorstand verzichten? Dazu braucht es Mut und Reflexion. Doch es ist suspekt, wenn jemand diese Entscheidung trifft. Was steckt dahinter? Die Umgebung, so berichtete mir mein früherer Klient, geht auf Abstand. Nur in sehr vertrautem Gespräch heißt es dann: „Wie gut muss es sich anfühlen, loszulassen, sich nicht jeden Tag erneut dem Wettbewerb zu stellen, nicht mehr den Versprechnungen hinterher zu laufen, sich nicht mehr in diesem Korsett zu bewegen.“ Die Mid-Career-Crisis, die Sinnkrise nach erfolgreichen Jahren im Beruf, treibt mehr Menschen um, als wir ahnen.

 

Vier Szenarien einer Mid-Career-Crisis

Goldener Käfig

So mancher kommt irgendwann nach vielen erfolgreichen Jahren mit hoher Reputation auf    einem Tableau an, auf dem es nur noch langsam und mühevoll vorangeht. Es sind Arbeitstage unter Alphamenschen, Politik wird groß geschrieben. Die viel beschriebene Karotte wird nie erreicht oder rückt in immer weitere Entfernung. Über Zweifel wird hier nicht gesprochen.

Stotternder Motor

Andere verlieren ihre Position, da sich ihre Müdigkeit, ihr Tunnelblick und ihre Unflexibilität nicht mehr verbergen lassen.

Falsche Spur

Wieder andere sind aus Opportunismus und frühere Erfolge in eine Rolle gerutscht, die weder ihren Kompetenzen entspricht noch zu ihrem Wertekanon passt.

Zweite Reihe

Oder es gibt die Leistungsträger, die weiter sollen aber nicht wollen, weil das Vertrauen in die Führung fehlt.

 

Damit aus der Sinnkrise Chancen für mehr Wirksamkeit werden

Nein, es ist keine Frage eines bestimmten Typs. Meist befinden sich die Menschen an einem Platz oder in einer Situation, wo sie ihre eigentlichen Talente und ihre eigenen Wünsche und Zielsetzungen nur bedingt entfalten können. Sie können sehr erfolgreich sein an diesem Platz, und trotzdem fehlt etwas. Wahrscheinlich gibt es nichts, was absolut unveränderlich ist. Selbst zu Aspekten des eigenen Wertesystems kann man in intensiver Reflexion eine neue Haltung entwickeln. Anderes ist leicht veränderbar, weil es antrainiert ist. Bei all dem gilt es, den Kern der eigenen beruflichen Identität zu erkennen.

• Was will ich in den mir verbleibenden Berufsjahren tun?

• Was ist mir wichtig? Geht es um das Geld? Den Status? Oder etwas anderes?

• Was ist unverzichtbar für mich? Welches sind meine drei wichtigsten Werte?

• Was gehört definitiv nicht zu meinen Werten?

• Was muss ich ändern? Was kann ich überhaupt ändern? Was darf ich unter keinen Umständen ändern?

 

Entdeckungsreise

Die Antworten führen nicht zwangsläufig zu einem Bruch mit dem bisherigen Karriereweg! Es kann genau das Gegenteil der Fall sein und die Antworten bringen neuen Schwung nach vorne. Vielleicht ändert sich aber auch alles. Den Kern zu erkennen, bringt neue Energie und Klarheit für die eigenen Ziele und erhöhte Wirksamkeit. Erkenntnis ändert die innere Haltung.