Wenn Executives nicht loslassen können ...

Kennen Sie das auch? Sie haben erst vor zwei Tagen in einem Meeting mit Ihrem besten Direct Report ein wichtiges Projekt aufgesetzt, Rahmenbedingungen, Ziele und Budget besprochen und ihm dann die Verantwortung übertragen.

Das Briefing war klar und präzise, denn Sie haben durch Ihre langjährigen Erfahrungen konkrete Vorstellungen, wie ein hervorragendes Ergebnis erreicht werden kann und wie es aussehen sollte. Alles kein Problem. Schon am Tag danach werden Sie unruhig. Am zweiten Tag können Sie Ihren Impuls nicht beherrschen und rufen schon morgens auf der Fahrt ins Büro an, um einen Zwischenstand zu erfragen.

So oder so ähnlich geht es Mikromanagern bis hinauf in die Executive-Ebene. Einer meiner Kunden klagte vor kurzem, er wisse, dass es nicht gut sei, aber er könne einfach nicht anders. Es stehe für ihn zu viel auf dem Spiel!

Mikromanager haben Angst vor Kontrollverlust und Fehlern, weil sie ...

  • Reputationsschaden und Machtverlust fürchten.
  • einen hohen eigenen Anspruch an Perfektion haben und von dem Wunsch getrieben sind, alles bis auf die letzte Stelle hinter dem Komma zu analysieren.
  • mit Tunnelblick nach vorne schauen und nur die eigene Lösung als die einzig richtige einschätzen.
  • Misstrauen in das Können anderer haben.
  • sich für unersetzbar im Tagesgeschäft halten.

Was birgt das Mikromanagement für Gefahren?

  • Prozesse werden unendlich verlangsamt oder stehen still
  • Selbst gestandene Manager im Team handeln plötzlich nicht mehr eigenverantwortlich, sondern sichern sich immer wieder nach oben ab
  • Weiterentwicklung stagniert, der Status quo wird erhalten, Routinen gepflegt
  • Es fehlt an Flexibilität, um auf neue Entwickungen und Einsichten zu reagieren
  • Neue Ideen haben keine Chance
  • Fehlervermeidung führt zu weiteren Fehlern
  • Und letztendlich führt im Team Frust über zu wenig Delegation zu Kündigungen

Ohne Vertrauen geht es nicht

Mikromanager haben es in einem streng hierarchisch organisierten Umfeld mit klar definierten Linienfunktionen bereits schwer. Permanente Einmischung, Nicht-Delegieren-Können, eine übertriebene Kontrolle von Teilschritten und Zielen führt unter den Mitarbeitern zu übertriebener Anpassung.

In einem zukunftsorientierten, agilen Umfeld, in dem Teams sich selbst organsieren, funktioniert Mikromanagment gar nicht mehr. Denn da ist die Hauptaufgabe von Führung, Freiräume zu schaffen und zu ergebnisoffenen Prozessen einzuladen.
Und das heißt: Nicht alles selbst machen und nicht alles analysieren, bevor eine Entscheidung für den nächsten Schritt fällt! Es braucht Vertrauen in die Menschen, in den Prozess, in die eigene Kraft, mit Unsicherheit und Fehlern umgehen zu können.

Loslassen geht nur, indem Sie beginnen, sich bewusst selbst zu führen

  • Machen Sie ein Mindmap Ihrer Rolle und vermeintlichen Aufgaben.
  • Wie viel Zeit verwenden Sie prozentual auf diese Aufgaben? Wie viel Zeit verbringen Sie noch mit dem Tagesgeschäft. Wie viel mit strategischer Arbeit?
  • Ist das die Erwartungshaltung an Sie? Wofür werden Sie tatsächlich bezahlt? Was haben Sie sträflich vernachlässigt? Wo sind Sie ersetzbar?
  • Fragen Sie in einem Ihrer nächsten Team-Meetings, an welchen Stellen Sie sich zu sehr einmischen.
  • Entwickeln Sie für sich selbst einen Fahrplan für die nächsten vier Quartale, in dem Sie jeweils drei Aufgaben festlegen, die Sie loslassen wollen. Tun Sie dies schriftlich an einer Stelle, auf die Sie im Laufe des Tages leicht Zugriff haben und machen Sie sich immer wieder Notizen, was gut funktioniert hat, was schief ging.
  • Sorgen Sie außerdem dafür, dass Sie die richtigen Manager und Mitarbeiter an Ihrer Seite haben und schenken ihnen dann Ihr Vertrauen!